Frankfurt Vegetarisch auf Reisen: fair.liebt in Wiesbaden

by - Juni 04, 2018


Letzten Dienstag besuchten mein Freund und ich das We Are Scientists-Konzert in Wiesbaden. Wohl bestärkt durch die Tatsache, dass unser Besuch bei Signor Verde in Köln für ihn erfolgreich verlaufen war (in dem Sinne, dass er etwas für ihn Schmackhaftes auf der Karte gefunden hatte), schlug mein Freund als Treffpunkt fürs Abendessen wiederum ein veganes Lokal vor: fair.liebt.

Immer, wenn ich Wiesbaden besuche, begeistere ich mich für die prächtigen Altbauten, die sich hier aufreihen, so weit das Auge reicht. Mit den Autos der Bewohner sah es leider ganz ähnlich aus, so dass wir zunächst lange nach einem Parkplatz suchten.


fair.liebt ist ein "Kellerlokal", in das man von der Straße aus bergab geht, früher hieß es anscheinend "Chiantikeller". Während es draußen eine Handvoll Freisitze gibt, ist der Innenraum geradezu großzügig, mit einem Haupt- und einem Nebenzimmer. Ein Großteil der Einrichtung ist absichtlich Second Hand und sieht aus, als stamme er aus einem Seniorenhaushalt: Es gibt Samtsofas und -stühle sowie Tische, unter deren Glasplatten Spitzendeckchen liegen. Das Ganze macht einen durchaus gemütlichen Eindruck.

Ähnlich wie Signor Verde hat fair.liebt eine durchaus bodenständige Speisekarte mit diversen Pizzen, Flammkuchen, Burgern und Pastagerichten (und vielem mehr). Die Preise erschienen mir moderat. Die aufmerksame und schnelle Bedienung, die uns die Karte brachte, wies uns außerdem auf eine Auswahl von Tagesgerichten hin (aktuell gab es eine glutenfreie Woche), doch wir entschieden uns für "Chili sin Carne" (8,90 Euro) und "Spaghetti Carbonara" (9,90 Euro).


Spaghetti Carbonara ist ein Gericht, das in seiner Originalversion kaum weniger vegan sein könnte: Zu Spaghetti kommen nichtvegane Eier, Sahne, Speck und Parmesan. Ich war gespannt, was ich bekommen würde.

Das Nudelgericht, das ich erhielt, war geschmacklich eine recht gute Imitation: Die Nudeln lagen in einer (vermutlichen) Sojasahnesauce, als Speckersatz diente Räuchertofu und statt Parmesan hatte man gemahlene Nüsse darüber gestreut. Die sehr großzügig bemessene Portion schmeckte angenehm rauchig und würzig - nur die Optik konnte weniger überzeugen: Auch im Original ist Carbonara kein Hingucker, die vegane Version war statt einheitlich gelblich aber auch noch eher gräulich und ganz ohne Farbakzente. Ein Salatblatt mit einem Viertel Tomate hätte sicherlich geholfen.


Das Chili meines Freundes wurde mit einem noch warmen Brötchen serviert. Es war sowohl schärfer als auch wässriger als die Chilis, die wir Zuhause kochen - vieleicht arbeitet man im fair.liebt mit frischen Tomaten und nicht, wie wir, mit Tomatenstücken aus der Dose? Auch beim Chili war ein "Milchprodukt" im Spiel, nämlich Soja-Joghurt. Für meinen Freund wäre diese Zugabe nicht notwendig gewesen, ich fand die Kombination durchaus gelungen.

Das Lokal an sich ist mit sichtlicher Mühe gestaltet worden, könnte aber noch die eine oder andere Renovierung vertragen (beispielsweise wäre es gemütlicher, wenn der Fliesenboden des Vormieters durch Laminat ersetzt würde, und die Toiletten sind noch Originale aus den Siebzigern). Die Betreiber bieten diverse Veranstaltungen an, etwa Spieleabende und Konzerte, was mich ebenfalls denken lässt, dass hier viel Herzblut im Spiel ist.

Ich war von unserem Besuch im fair.liebt durchaus angetan und ein wenig traurig, nach der riesigen Pastaportion keinen Magenplatz mehr für einen Nachtisch zu haben. Vielleicht ein andermal...


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