Gelesen: August 2020

by - September 04, 2020


Schon seit vielen Jahren funktioniert das mit mir und den Büchern so: Ich lese eines fertig, dann schaue ich ins Regal oder die Goodreads-Liste, welches als nächstes drankommen könnte. Die Warteschlange wird an allen Geburtstagen und Weihnachtsfesten aufgefüllt, und ich arbeite sie nie ganz ab. Aus diesem Grund erfolgen meine wenigen selbst ausgeführten Spontankäufe auch beinahe ausschließlich im Hörbuch-Bereich - es erscheint mir einfach wenig sinnvoll, die lange Warteliste der bereits vorhandenen Bücher noch durch weitere gedruckte zu füllen.

Als ich also einmal wieder vor dem Regal stand, lachte mich Lovecraft Country von Matt Ruff an, das ich zu Weihnachten 2019 bekommen hatte. Ich wusste vorab wenig über den Roman, und es schreckte mich ein wenig ab, dass ich zwar schon einiges vom Autor, aber rein überhaupt nichts vom Namensgeber, dem bekannten Horrorautor HP Lovecraft gelesen habe. Matt Ruffs Romane Fool on the Hill, Sewer, Gas & Electric und Set This House in Order mag ich sehr gerne, gerade auch, weil sie voneinander völlig unterschiedlich sind. Kenntnisse über Lovecraft erwiesen sich dann im Laufe der Lektüre glücklicherweise als nicht unbedingt nötig.

Der Roman - eigentlich handelt es sich eher um eine Reihe von Kurzgeschichten, die unterschiedliche Mitglieder derselben Familie als Protagonisten haben - hat zwei miteinander verwobene Themen. Das eine ist eine bedrohliche, aber auch faszinierenden Art von Magie, die in den (fiktiven) USA der 1940er Jahren von unterschiedlichen Magiergilden ausgeübt wird. Es gibt geheime Treffen, verzauberte Zimmer, Schutzzauber, spukende Geister und funktionierende Flüche. Eine afroamerikanische Familie aus Chicago gerät unverhofft in Kontakt mit einem Magier und wird dadurch immer wieder unterschiedlichen Zaubern ausgesetzt - ohne das selbst jemals gewollt zu haben.

Hier endet der Einfluss Lovecrafts aber, denn Matt Ruf stellt diesem fiktiven Horror den durchaus realen gegenüber, der darstellt, was es in den USA derselben Zeit bedeutete, schwarz zu sein: Teile der Familie sind die Verleger eines Reiseführers, der Schwarzen, die durchs Land reisen, anzeigt, wo sie hoffen können, in Restaurants, Hotels und so weiter bedient zu werden und um welche Landkreise man am besten gleich einen Bogen macht. Durch die Vorgeschichte der einzelnen Familienmitglieder wird der Leser auch mit der Sklaverei und dem Massaker in Tulsa (über das ich auch erst seit Watchmen Bescheid weiß) konfrontiert, sowie der entscheidenden Tatsache, dass sich keines der Familienmitglieder selbst im "sicheren" Chicago jemals komplett frei fühlen kann. 

Die Gegenüberstellung des fiktiven Horrors (HP Lovecraft war zu allem Überfluss selbst ein großer Rassist) mit dem realen ist ein geschickter Schachzug, und beide Aspekte der Geschichte sind gleich interessant. Dass just diesen Monat auch eine HBO-Serie, die auf dem Roman basiert, angelaufen ist, war dann für mich eine große Überraschung. Ich hoffe, dass ich die Serie (die auch hoch gelobt wird), irgendwann sehen kann.

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