Der große Schokoladentest (61): Chequessett Chocolate
Vor einer ganzen Weile bereiste ich beruflich New York, und als ich mich vorab im Internet über Schokoladengeschäfte in Manhattan schlau machte, wurde vielfach "The Meadow" im West Village empfohlen. Deshalb nahm ich eines Abends die U-Bahn dorthin und besuchte den kleinen, sehr hübschen Laden, der neben Schokolade auch Salz, Gin und Geschenke anbietet. Mittlerweile ist die New Yorker Filiale anscheinend dauerhaft geschlossen, während es weiterhin Geschäfte in Portland und Tokio gibt.
Vielleicht liegt das ja daran, dass in New York alle Einkäufer so gekonnt ignoriert wurden wie ich? Normalerweise bin ich keine große Freundin davon, in Geschäften bedient zu werden, und sehe mich liebend gerne allein um. Allerdings platze ich in The Meadows quasi in ein langes Gespräch zwischen dem Herrn an der Kasse und einem Besucher und fühlte mich, als würde ich maximal stören. Hinzu kam, dass die Schokoladentafeln, die mehrere Regale füllten, zwar sehr attraktiv arrangiert, aber weder nach Marke noch nach Geschmacksrichtung geordnet worden waren. Für einen Nerd wie mich, die zum einen Marken entdecken wollte und zum anderen die Information suchten, welche Sorten jeweils erhältlich waren, wurde es so unmöglich, sich einen Überblick zu verschaffen.
Es war allerdings noch eine weitere Person im Geschäft, nämlich eine junge Frau, die hier an einem winzigen Tisch Promotion für die Marke Chequesset machte - von der ich noch nie gehört hatte. Wir wurde erklärt, die Marke käme aus Cape Cod, ich durfte alle Sorten probieren und kaufte dann schließlich doch noch etwas bei The Meadow - zum Bezahlen musste ich den Herrn an der Kasse aber doch kurz in seinem Gespräch stören.
Zum Produkt
Cape Cod klingt für mich nach Urlaub, Stränden und dem Roman The Marriage Plot. Ein Geschäft mit vor Ort produzierter Craft-Schokolade läuft hier sicherlich hervorragend (zumindest, wenn nicht gerade Pandemie ist). Die Hersteller betreiben in North Truro ein Café, wo man ihre Produkte kaufen kann, aber laut Website sind sie auch in Geschäften in den ganzen USA erhältlich. Nur in Europa dürfte es schwierig werden, hier ist man auf den Onlineshop angewiesen (und ich bin mir nicht einmal sicher, dass dieser internationale Lieferungen zulässt).
Neben Schokoladentafeln bietet Chequesset auch Konfekt an, über die Hersteller und deren Weregang oder Motivation habe ich aber leider nichts herausfinden können.
Originalität
Schon im Schokoladengeschäft fiel mir auf, wie schön die Tafeln gestaltet sind: Die blauen Pappschuber sind mit Linien verziert, die wie Höhenmeter aussehen (wobei Meerestiefe angesichts der blauen Farbe und der Halbinsel Cape Cod eigentlich mehr Sinn ergeben würde). Auf der Rückseite haben die Tafeln einen Bindfadenverschluss, den ich so nur von altmodischen Dokumentenmappen kenne (und der das Wiederverschließen tatsächlich sehr einfach macht).
Die Sortenauswahl der Schokoaden hat anscheinend im letzten Jahr zugenommen, es gibt heute insgesamt sechs dunkle Schokoladen mit unterschiedlichen Kakaosorten, eine Milchschokolade und 13 mit Geschmackszutaten, darunter Klassiker wie Meersalz oder Kakaonibs, aber auch verrückte wie Blaubeeren mit Ingwer oder braune Butter mit Salbei. 9/10
Nachhaltigkeit
Während man sich bei Chequesset über die Identität der Hersteller weitgehend ausschweigt, gibt erfreulicherweise zum Thema Nachhaltigkeit sehr ausführliche Angaben zu den Plantagen, von denen Chequessett seinen Kakao bezieht - zwar wird nicht explizit erwähnt, dass höhere Preise als die am Weltmarkt üblichen bezahlt werden, aber wer sich auf bestimmte Plantagen und deren Ware festlegt und diese benennt, muss dazu ohnehin bereit sein. Wo dieser verfügbar ist, kommt Biokakao zum Einsatz, die meisten vanderen verwendeten Zutaten sind ebenfalls aus ökologischem Anbau. 5/5
Zutatenqualität
Auf den Tafeln ist vermerkt, dass Chequessett "the purest ingredients available" verwendet, und in der Zutatenliste finde ich nichts, das dem widerspricht: Meine Meersalzschokolade enthält Kakaobohnen, Rohrzuckersirup, Kakaobutter und Meersalz, die Sorte "Hazelnut Gianduja" Kakaobohnen, Rohrzuckersirup, Kakaobutter und Haselnüsse. 10/10
Preis / Leistung
Meine Tafeln haben mich je 12 US-Dollar gekostet (plus Umsatzsteuer), auf der Website sind es nur 8 (was mir den New Yorker Laden im Nachhinein auch nicht sympathischer macht). Nachdem man hierzulande ja Preise inklusive Steuer gewöhnt ist, setze ich einfach mal 8,30 Euro für eine 63-Gramm-Tafel an. Wir haben es hier mit einem kleinen Bean-to-Bar-Hersteller zu tun, der zudem mit Biozutaten arbeitet, insofern kommen auch für diesen gewaltigen Preis einige mildernde Umstände zum Einsatz. 3/5
Geschmack
Nach meiner Probiersession hatte ich mich für die Sorten "Wellfleet Sea Salt" (das Meersalz, wurde mir versichert, stammt von Cape Cod) und "Hazelnut Gianduja". "Wellfleet Sea Salt" schmeckt sehr gut, ist aber letztlich in meinen Augen eine ganz normale dunkle Schokolade mit Meersalz. Das Salz befindet sich übrigens sichtbar auf der Unterseite - lutscht man ein Stück Schokolade , ist es im Inneren nicht salzig. 10/15
"Hazelnut Gianduja" ist genau die Sorte Schokolade, die ich gerne mag. Die Zugabe der Nüsse mildert die dunkle Schokolade stark ab, ohne, dass Milch hinzugefügt werden müsste (diesen Trick nutzt übrigens auch Ritter Sport bei seinen veganen Sorten). Die Schokolade schmeckt quasi wie eine viel nussigere und viel weniger süße Version von Milka Noisette (was positiv gemeint ist). 12/15
Gesamturteil
Mit stolzen 27 von 30 möglichen Punkten in den "neutralen" Kategorien muss sich Chequessett wahrlich nicht verstecken. Zieht man mein Geschmacksurteil hinzu, bekommt "Wellfleet Sea Salt" 37 und "Hazelnut Gianduja" 39 von je maximal 45 Punkten. Nicht übel!
Übrigens: Hier gibt es die Ergebnisse aller bisherigen Schokoladentests als Gesamtranking!
Hinweis: Auf meinem Blog gibt es keinerlei Werbung oder Sponsoring, folglich will ich mit meinen Beiträgen auch keine potenziellen Werbepartner beeindrucken und muss nichts dementsprechend kennzeichnen.
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