Neulich als wir die Geschichte der elektronischen Musik erforschten

by - März 06, 2022


Vorletzte Woche frage mich mein Freund, ob ich Lust hätte, am Wochenende nach Düsseldorf zu fahren. Solche Ideen seinerseits beziehen sich in 98% der Fälle auf Konzerte, deshalb war ich überrascht, als er stattdessen vorschlug, eine Ausstellung zu besuchen, wenn auch mit musikalischem Kontext: Bereits seit Dezember und noch bis Mitte Mai kann man im Kunstpalast die Ausstellung "Electro. Von Kraftwerk bis Techno" besuchen. Interessanterweise handelt es sich um eine Wanderausstellung, die vorher bereits London und Paris besucht hat - jeweils mit lokalem Kontext. Bei der Station im Londoner Designmuseum kamen auch Devotionalien der Chemical Brothers zum Einsatz, in Paris - wo die Ausstellung auch konzipiert wurde - bildete das französische Duo Daft Punk einen weiteren Fokus.



Und auf welchen Elektro-Act kommt man, wenn man an Düsseldorf denkt? Richtig, an Kraftwerk, die als echte Pioniere der elektronischen Musik zwar an allen Ausstellungsorten im Fokus (und im Ausstellungstitel) waren - für die Station in seiner Heimatstadt brachte sich Bandgründer Ralf Hütter aber persönlich ein, organisierte mit und stellte Ausstellungsstücke zur Verfügung.

Eine Ausstellung über Musik ist an sich natürlich eine schwierige Angelegenheit, da sich diese nun einmal besser hören als sehen lässt. Die Wanderausstellung löst dieses Problem dadurch, dass sie zum einen zahlreiche Hörstationen zur Verfügung stellt, an denen man mit selbst mitgebrachten (oder wenigen vorhandenen) Kopfhörern den gerade vorgestellten Synthesizern, Bands oder DJs lauschen kann. Zum anderen gibt es auch einen "Ausstellungs-Soundtrack" von Laurent Garnier, der jeweils zu den Ausstellungsräumen passende Musik enthält (hier eine Liste der Tracks).



Doch die Ausstellung beginnt zeitlich am Anfang: In den ersten Räumen sind die ältesten Synthesizer sowie andere elektronische Instrumente wie ein Theremin zu sehen, hinzu kommen nachgebaute historische Studios. Die beschreibenden Hinweisschilder erklären die Entwicklung der elektronischen Musik von Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute mit besonderem Blick auf die "Demokratisierung" des Zugangs: Statt teuren Synthesizertürmen und komplizierten Magnetbändern reicht heute als Zugang zum Musikmachen vielfach ein Smartphone.



Das Düsseldorfer "Kernstück" zum Themas Kraftwerk besteht aus einer Art Kinosaal, in dem man - mit 3D-Brille - eine Videoauswahl ansehen kann, die einen Querschnitt durch die Musik der Band bildet - wo man sich aktuell in der Bandhistorie befindet, wird  jeweils durch eine aufleuchtende Zahl an der Seitenwand symbolisiert. Die Videoanimationen sind dabei meist eher simpel und entsprechen denen, die man auch bei Kraftwerk-Konzerten sehen kann. Allerdings ist der Surround-Sound im Raum ganz hervorragend. Draußen stehen auch die Bandmitglieder als sich bewegende Roboter.



Weiter geht es in der Ausstellung mit Musikströmungen wie Detroit Techno, Chicago House und Hip-Hop, dargestellt mit Exponaten wie Flyern, Fotos von Clubs, Schallplatten und Devotionalien. Beschrieben wird auch die Rave-Kultur der 1990er Jahre, inklusive der zugehörigen Drogen, und "Masken" bekannter Musiker wie Squarepusher und Daft Punk. Natürlich werden auch Musikvideos gezeigt.



Ein weiterer Düsseldorfer hat in der Ausstellung einen eigenen Raum bekommen: Gezeigt werden auch die thematisch passenden Fotos des Künstlers Andreas Gursky, etwa sein Foto einer Wand im Frankfurter Cocoon-Club und seiner Bilder von den Dortmunder "Mayday"-Veranstaltungen - zwei der Bilder kann man im Riesenformat betrachten, der Rest ist im Vergleich kleinformatig.



Ein bisschen schade ist, dass für mich, die eigentlich durchaus "auch" elektronische Musik mag, die Ausstellung an vielen von mir geschätzten Musikacts vorbeigeht: Mich interessieren eben Depeche Mode, New Order und Ladytron mehr als Techno und Laurent Garnier. Auch hätte man vielleicht noch mehr interaktive Elemente einbringen können, beziehungsweise die vorhandenen Videos auffälliger platzieren, etwa in einem weiteren separaten Raum. Und wäre es nicht auch lustig, wenn Besucher beispielsweise das Theremin ausprobieren könnten?



Insofern hat die Ausstellung echten Fans der Rave- und Technokultur der 1990er und 2000er Jahre vermutlich mehr zu bieten als mir. Einen Besuch ist sie aber allemal wert. Die Tickets kosten 14 Euro und müssen für einen bestimmten Zeitslot gekauft werden, die am Wochenende sind meistens im Voraus ausverkauft.




You May Also Like

0 comments