Alles Gute nachträglich: Ride im Düsseldorfer ZAKK

by - November 18, 2022


Mein Freund kündigte letztes Wochenende großspurig an, in den nächsten 14 Tagen sieben Konzerte besuchen zu wollen. Mein Einwand, dass das für alte Leute wie uns ein wenig viel sei, wurde insofern ernst genommen, als er bis jetzt in einer Woche zwei Veranstaltungen besucht hat - und damit doppelt so viele wie ich.

Wann hast Du Ride denn vor gestern Abend das letzte Mal gesehen? Und wann ich?

Bei mir ist es gar nicht so lange her, denn ich habe Ride zuletzt im Februar 2020 im Kölner Gloria gesehen - also kurz bevor die Pandemie über uns hereinbrach. Da du 2017 nicht mit in Brüssel warst, hast du Ride zuletzt 2015 beim Best Kept Secret Festival und beim A Summer’s Tale Festival gesehen. 

Und gab es seitdem neue Veröffentlichungen?

Nein, Ride feiern aktuell den 30. Geburtstag von „Nowhere“ (um zwei Jahre verspätet) bzw. „Gong Blank Again“. Daher spielen sie auf Konzerten jeweils eines dieser Alben komplett.


Du hattest ja wenige Tage vor dem Event noch ein Presale-Ticket ergattert - war es dann vor Ort recht leer?

Ja, das war kurios: 3 Tage vor dem Konzert noch ein Pre-Sale Ticket zu kaufen, das deutlich günstiger war als das reguläre, welches ich auch in meinen Warenkorb hätte legen können! Wegen der zahlreichen Baustellen auf der A3 sind wir frühzeitig aufgebrochen und waren kurz nach dem Einlass dort. Zunächst sah es tatsächlich so aus, als ob es relativ leer bleiben würden, doch dann füllte sich das ZAKK doch noch recht ordentlich, so dass man in den ersten Reihen schon das Prä-Pandemie-Konzert-Feeling inklusive Dränglern und Schwätzern erleben konnte. Oder musste.    

Was kannst Du mir über das zakk erzählen?

Relativ wenig. Es gab keine nervige Einlasskontrolle, so dass du deine Süßigkeiten diesmal hättest mit hineinnehmen können, einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe zum ZAKK, sehr gute Britpop-Musik vor dem Konzert (Oasis, Blur, Suede, The Verve, Primal Scream usw.), aber einen viel zu großen Vorrat an Nebel, dessen Haltbarkeitsdatum vermutlich kurz vor dem Ablaufen war und der deshalb unbedingt verbraucht werden musste. 


Gab es eine Vorband?

Ja, eine kanadische Band namens Tallies, die luftig-leichten Indiepop darboten. Hätte ich deren aktuelles Album „Patina“ nicht gekannt, wäre ich aufgrund des Aussehens der Bandmitglieder nie darauf gekommen, welche Musik sie machen: Den Schlagzeuger mit seinen langen Haaren und den Gitarristen im Trucker Outfit hätte ich in eine US-Rock-Kapelle gesteckt, der Bassist hätte in jeder der vorhin genanten Britpop-Bands auf der Bühne stehen können, die Sängerin hätte ich in einer Soul-Band vermutet und dann war da noch ein zweiter Gitarrist, der mit Oberlippenbart und Minipli einen Achim-Menzel-Lookalike-Wettbewerb hätte gewinnen können. Aber Schlager ist wohl nicht seins, denn beim Auftritt von Ride stand er am Bühnenrand und sang eifrig mit. Der Auftritt war nett, hatte mit „No Dreams Of Fayres“ einen kleinen Hit, wurde gegen Ende etwas lärmiger (und damit besser) und die Sängerin konnte den Umlaut in Düsseldorf ziemlich gut aussprechen.

Setliste:

Hearts Underground
No Dreams Of Fayres
Memento
Trains And Snow
Special
Easy Enough
Wound Up Tight



Ich gehe mal davon aus, dass "Nowhere" komplett gespielt wurde. In der normalen Reihenfolge? Wir hatten da ja schon einige Variationen.

Ja, sie spielten ihr Debütalbum komplett und in der richtigen Reihenfolge. Dazu kamen mit „Taste“, „Sennen“ und „Nowhere“ noch drei thematisch und chronologisch passende Titel im Hauptteil. Es war toll, Ride noch einmal so lärmig und noisig zu hören! Das hatte ich bei den letzten beiden Konzerten, auf denen sie viele Lieder aus ihren beiden neuen Alben spielten, und im Gegensatz zu den Reunion-Konzerten 2015, die du auch gesehen hast, etwas vermisst. Zur Belohnung pfeifen mir schon den ganzen Tag die Ohren.


Und was stand noch auf der Setliste?

Ach, die Setliste. Das war ein Hin und Her. Zunächst wurden die richtigen Setlisten ausgelegt. Kurz danach kam eine Stagehand, strich auf diesen "Here And Now" durch und schrieb „Sennen“ an dessen Stelle. Dann kam ein andere Setlistenkorrigierer und strich auf allen Listen „Unfamiliar“ als vorletzten Song durch. Kurze Zeit später war es die Aufgabe des ersten Durchstreichers alle Setlisten wieder einzusammeln. Wenig später klebte er neu ausgedruckte auf die Bühne. Diese beinhalteten die erwähnten Änderungen, zudem war "All I Want“ nun durch "Future Love“ ersetzt worden und „Twisterella" bei den Zugaben hinzugefügt worden. Wer denkt sich das so kurz vor dem Auftritt aus?
Im Zugabenteil spielten Ride noch drei Songs aus „Going Blank Again“ (das erwähnte „Twisterella“, „OX4“ und als krönender Abschluss das grandiose „Leave Them All Behind“) und drei Lieder aus ihren neueren Alben. „Lannoy Point“ und „Future Love“ waren toll, „Kill Switch“ wäre mein einziger Wunschsong für das Setlistenkorrekturteam gewesen.  

Was wurde dazu gesprochen?

Relativ wenig und meistens von Mark Gardener. Er begrüsste uns in Dusseldorf und stellte fest, dass sie noch nie zuvor hier gewesen waren. Da ihnen das in über 30 Jahren nun zum ersten Mal gelungen war, blieb seine Verabschiedung, dass sie wiederkommen würden, wenig glaubhaft. Es wurden viele Titel von „Nowhere“ angesagt, dabei kannten vermutlich alle im Raum die Reihenfolge auswendig.


Trug Mark Gardener wieder seinen Hut?

Nein, er scheint sich mit dem Nichtvorhandensein einer Frisur abgefunden zu haben. Aber mir ist aufgefallen, dass Andy Bell bei meinem letzten Konzert eine Kappe trug. Sie sollte möglicherweise sein lichter werdendes Haupthaar verbergen. Aber über diesen Punkt ist er nun offensichtlich hinaus - oder ob er deshalb permanent in Nebel gehüllt war? 

Gab es Jubiläums-Merchandise?

Nein, es gab gar keinen Merchandise. Damit war ich eigentlich auch zufrieden, denn zwei Tage vor dem Konzert traf aus England meine teuer importierte „4 EPs“ Doppel-LP ein. Es wäre ja schade gewesen, wenn ich sie viel günstiger beim Konzert gesehen hätte!
 

Wann willst Du das nächste Mal zu den Shoegazern von Ride?

Wenn ich noch die Gelegenheit bekommen würde „Going Blank Again“ in seiner Gänze zu hören wäre das schon ziemlich toll. Denn dieses Album mag ich noch ein wenig mehr als „Nowhere“.

Setliste:

Seagull
Kaleidoscope
In A Different Place
Polar Bear
Dreams Burn Down
Decay
Paralysed
Vapour Trail
Taste
Sennen
Nowhere

Lannoy Point
Future Love
Twisterella
OX4
Kill Switch
Leave Them All Behind


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