Dressed To Rock: Metric im Frankfurter Gibson

by - November 19, 2018



Drei Jahre ist es schon wieder her, dass ich sowohl Metric als Liveband als auch die "neue" Batschkapp kennen lernte. Für ihren erneuten Frankfurt-Besuch anlässlich der Album-Veröffentlichung "Art of Doubt" hatte die Band sich dieses Mal das Gibson in der Innenstadt ausgesucht - als einen von nur vier Tourterminen in Deutschland.

Dem Gibson stehe ich gespalten gegenüber: Eigentlich gefällt mir das ehemalige Kino mitten auf der Einkaufsstraße Zeil recht gut, und der Gegensatz zwischen dem stellenweise absichtlich unrenoviert wirkenden und dem teilweise aber auch recht schicke Innenraum hat Charme. Andererseits wusste ich von meinen vorherigen beiden Besuchen bei Kasabian und Manic Street Preachers, dass es bei Konzerten furchtbar warm wird - gerade im Winter doof, wenn man auch nicht beliebig leicht bekleidet erscheinen kann.


Mein Freund hatte bereits vorab eruiert, dass Metric aktuell eine relativ feste Setliste spielt - um so überraschender war es, dass die Band (wenn sie es denn selbst war) am Veranstaltungstag via Facebook nach Liedwünschen fragte. Wir waren verwirrt: Erwartete uns etwa ein Wunschkonzert, oder war die Frage nach Liedwünschen speziell für Frankfurt, die übrigens eifrig beantwortet wurde, einfach ein Werbegag?

Bei unserem Eintreffen eine gute halbe Stunde nach Einlassbeginn sah es so aus, als würde das Konzert ein intimes Event: Zwar hörten wir in unserer Umgebung diverse Sprachen, die mich vermuten ließen, dass viele der anwesenden Fans eine weite Anreise auf sich genommen hatten (später hörte ich andere Besucher auch über frühere Auftritte derselben Tour fachsimpeln, manche reisten also mit), aber es war alles andere als voll.


Im Laufe des Sets der Vorband James Hersey, bei der es sich in Wirklichkeit um einen Solokünstler mit zwei begleitenden Livemusikern handelte, änderte sich das aber noch. Zunächst wurden wir von James in einem durchaus muttersprachlichen US-Englisch begrüßt, später erklärte der Sänger aber in ebenso überzeugendem Österreichisch, dass er aus Wien stamme. Das war dann, neben der Tatsache, dass bei allen Liedern ein Keyboard zu hören war, während es auf der Bühne doch nur Gitarren und Schlagzeug gab, aber auch schon das Interessanteste an James, denn mit seiner Musik konnte ich eher wenig anfangen. Anders das plötzlich doch sehr zahlreiche Metric-Publikum um uns herum, dass den Musiker mit viel Applaus bedachte. Hersay weiß anscheinend auch sonst zu überzeugen: Wikpedia berichtet, dass er in Italien, Kanada und den USA Goldene Schallplatten erhalten hat. Die preisgekrönten Singles "Miss You" und "Coming Over" wurden uns auch live präsentiert.


Vor drei Jahren in der Batschkapp hatte ich Metric und insbesondere Emily Haimes als ausgesprochen Show-orientiert in Erinnerung: Damals hatte Emily unter anderem eine Maske und eine Art Pfauenrad getragen und auch diverse Male ihr Outfit gewechselt. Folglich war ich beim nun folgenden Einzug von Metric überrascht, dass Emily heute in Jeans und Turnschuhen auftrat. Gut, ihr Oberteil, über dem sie eine Lederjacke trug, war bauchfrei und glitzerte, aber verglichen mit 2015 scheint sie sich bei dieser Tour nur auf die Musik konzentrieren zu wollen. Auf andere Showelemente wie den Einsatz von Windmaschinen wurde heute ebenfalls verzichtet. Dabei wäre gerade im Gibson ein Ventilatorwind doch so willkommen gewesen!

Unsere Fragen hinsichtlich der Setliste - Business as Usual oder Wunschliste - waren bereits vor dem ersten Song beantwortet worden, da hatte nämlich ein Helfer die Liste gut sichtbar und sehr sorgfältig auf die Bühne geklebt: Wir würden dieselben Songs hören wie alle anderen auch, Übereinstimmungen mit Facebook-Zuschauerwünschen waren rein zufällig. Nur den bislang verwendeten Opener "Love You Back" hatte die Band gestrichen.


Los ging es dann mit "Youth Without Youth" vom Album "Synthetica", danach kam erst einmal eine ganze Reihe Lieder vom aktuellen Album, die von den alten Hits "Breathing Underwater" (mit viel Mitgesang aus dem Publikum) und "Black Sheep", einem Lied, das sich nur auf dem Soundtrack zu Scott Pilgrim vs. the World befindet, unterbrochen wurde. Zur Trauer meines Freundes fehlte auch dieses Mal sein Lieblingslied "Poster of a Girl".

Vor der Ballade "Seven Rules" wandte sich Emily länger ans Publikum und erklärte, die Band habe Frankfurt stets gerne besucht - es klang so, als hätten sie auch bereits im Gibson gespielt. Nostalgische Erinnerungen an die Stadt drehten sich um einen wilden Abend bei "Anitas", in dessen Verlauf James Shaw seinen Pass verloren hatte, dabei lautete die nächste Tourstation Istanbul. Das Lied widmete sie dann "our Frankfurt family".


Vor "Sick Muse" meldete sie sich dann nochmals zu Wort und erläuterte, dass es mit mittlerweile sieben Alben schwierig sei, eine Setliste zusammen zu stellen (na ja, man könnte ja auch Facebook...), und dass die gewählten Lieder dann stets mit der Zeit verbunden seien, aus der sie stammten. Bei diesem Lied müsse sie immer an die Obama-Zeit denken, und wie es damals gewesen sei... die Band verliere sich aber nicht in Nostalgie, sondern werde kämpfen, und auch das Publikum müsse nach Genuss des Liedes (wieder) mitkämpfen.

Musikalisch erwies sich der Abend als eher rockig. Zwar waren vor dem Schlagzeug ganze vier Keyboards aufgebaut, die auch immer mal wieder von allen Bandmitgliedern (außer dem Schlagzeuger) benutzt wurden, so richtig zum Einsatz kamen sie aber nur bei "Now Or Never Now", als Emily, James und auch Joshua Winstead gleichzeitig spielten. Ansonsten dominierten Gitarre, Bass und Schlagzeug.


Dass nach "Gold Guns Girls" noch vier Zugabensongs folgen würden, wussten wohl zumindest in den ersten Reihen dank der groß gedruckten Setliste alle, dennoch jubelte man die Band natürlich zurück.Aufgehoben hatte man sich mit "Dark Syturday" die erste Single vom aktuellen Album, sowie mit "Dead Disco" und "Combat Baby" die ältesten Lieder des Abends vom 2003 erschienenen ersten Album, außerdem den ihren ersten, auch auf Facebook vielfach gewünschten, Hit "Help I'm Alive".

Während meinem Freund das rockige Set besser gefiel als das vor drei Jahren in der Batschkapp, hätte ich ein paar mehr Showelemente gar nicht so übel gefunden. Nichtsdestotrotz wieder ein überzeugender Auftritt von Metric


Setliste:

Youth Without Youth
Risk
Dressed to Suppress
Breathing Underwater
Art of Doubt
Artificial Nocturne
Black Sheep
Holding Out
Seven Rules
Now or Never Now 
Gimme Sympathy
Sick Muse
Monster Hospital
Gold Guns Girls

Dark Saturday
Combat Baby
Dead Disco
Help I'm Alive

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