Gesehen: Mai 2020
Nachdem ich letzten Monat an dieser Stelle über Parasite berichtete, geht es diesen Monat zu meiner eigenen Überraschung gleich weiter mit einem anderen Film von Bong Joon-ho: Bei Netflix kann man sich nämlich dessen Frühwerk Snowpiercer von 2013 ansehen. Selbiger Film ist englischsprachig und hat eine hauptsächlich westliche Besetzung - die Haptrolle spielt Chris Evans - insofern ist die Frage einer Journalistin an den Oscar-Gewinner Bong Joon-ho, warum er Parasite denn auf Koreanisch gedreht habe (die damals viel Spott erntete) gar nicht so dumm.
Snowpiercer spielt in einer dystopischen Zukunft, in der die Menschheit das Klima durch einen fehlgeschlagenen Versuch, die globale Erwärmung zu stoppenm so ruiniert hat, dass der Planet im ewigen Eis liegt und ein Überleben im Freien nicht mehr möglich ist. Die einzigen Überlebenden haben sich in einen Zug gerettet, der nun schon seit 17 Jahren immer wieder die komplette Welt umfährt und niemals anhält. In den zahlreichen Waggons befinden sich neben Quartieren so auch Pflanzen, Tiere, Wasseraufbereitung und so weiter. Ganz vorne sitzt der mysteriöse Erfinder und Lokführer des Zugs, Mr. Wilford, weiter hinten kommen nach und nach immer weniger wohlhabende Fahrgäste, während am Ende schließlich blinde Passagiere wohnen, die von den zahlenden Fahrgästen anfangs bekämpft wurden und mittlerweile widerwillig mit dem Allernötigsten versorgt werden. Chris Evans' Charakter Curtis führt einen Aufstand der Ärmsten an, nachdem zum wiederholten Mal zwei ihrer Kinder für einen unbekannten Zweck nach vorne entführt wurden. Die Rebellion führt ihn nach und nach durch den ganzen Zug, bis er für die letzte Konfrontation an der Spitze landet.
So weit zum Film, der genau wie Parasite eine Gesellschaftsparabel darstellt - beim Zuschauen beklagt man innerlich die himmelschreiende Ungerechtigkeit der Zug-Gesellschaft, um mit ein bisschen Reflektion zu erkennen, dass sie so durchaus die Macht- und Eigentumsverhältnisse der "echten Erde" wiederspiegelt.
Unser Anlass, den Film anzusehen, war aber auch, dass er (der seinerseits auf einem französischen Comic basiert) mittlerweile auch in eine Fernsehserie umgewandelt wurde, die seit Kurzem ebenfalls auf Netflix läuft.
Die Serie beginnt quasi identisch, nutzt den Zug und seine ungerechte Gesellschaftsstruktur aber lediglich als Hintergrund für eine Kriminalgeschichte: Im "reichen" Teil des Zugs geschieht ein Mord, und der einzige ehemalige Polizist mit Morderfahrung wohnt ganz hinten und wird nun teils bestochen und teils erpresst, das Verbrechen aufzuklären.
Von der Serie habe ich bislang erst zwei Folgen gesehen, würde mich nach bisherigem Kenntnisstand aber den Kritikern anschließen: Hier wurde viel Wert auf eine beeindruckende Ausstattung gelegt, aber bezüglich der Handlung ist den Machern eben nur eine klassische Detektivgeschichte eingefallen - was eigentlich eine Verschwendung des irren Ambientes ist.
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