Am Mittwochabend waren mein Freund und ich gegen 22 Uhr bereits damit beschäftigt, die typischen "vor dem ins Bett gehen"-Dinge zu erledigen (Katzen füttern, Katzen Leckerlis geben, Wassergläser füllen, Lichter ausschalten...), als mir mit einem Mal einfiel, dass wir eigentlich vorgehabt hatten, das virtuelle Konzert von Sam Vance-Law anzusehen. Mist. Ein kurzer Blick auf den vorab veröffentlichten Zeitplan erbrachte allerdings, dass dank Vorband (Ment) und Interviews noch längst nicht alles vorbei sein sollte. Schnell schauten wir im Stream nach (zur Wahl standen hier quasi alle Möglichkeiten, also Facebook, Twitter, Instagram und Youtube), und tatsächlich: Der Kanadier war noch damit beschäftigt, in quasi akzentfreiem Deutsch die Fragen der Moderatorin zu beantworten, wir hatten also noch kein einziges Lied verpasst!
Also kehrten wir nochmals auf die Couch zurück und verlängerten den Sofaabend - nicht, ohne einander zu versichern, dass wir uns kaum noch vorstellen konnten, wie es wäre, nach einem so späten Konzert im Anschluss aus Frankfurt oder Köln über eine Stunde lang nach Hause zu fahren, statt nur einfach in den ersten Stock und ins Bett zu gehen...
Bezüglich Professionalität legte dieses Konzert, das von Berlin Culture Cast veranstaltet wurde, im Vergleich zu Wolf & Moon noch einmal eine Schippe drauf: Eine Vorband! Interviews! Moderation! Eine Bühne mit richtiger Band! Eingeblendete Songtitel! Lichshow! Das sah aus wie ein "richtiges", im Fernsehen übertragenes Konzert, nur eben ohne Publikum vor Ort.
Neben einem guten Zweck (ein Teil der Einnahmen über den freiwilligen Ticketkauf sollte Seawatch zukommen) gab es angeblich sogar einen Sponsor, über den sich Vance-Law bei jedem Griff zur Bierflasche lustig machte: "Warsteiner, it's... liquid!" oder "Warsteiner, for when you have run out of beer!"
Wenn man Vance-Laws eigenen Aussagen glauben kann, leidet er sehr unter der aktuellen Kontaktsperre und freute sich intensiv, auf der Bühne mit mehr Menschen zusammen zu sein als in den letzten Wochen addiert. Auf seinem Facebook-Profil kann man zumindest sehen, dass er im April auch bereits ein kleines Haus-Streamkonzert mit Isabel Ment gegeben hatte, die in seiner Band Keyboard spielte und heute auch die Vorband gewesen war - völlig vereinsamt ist er also wohl nicht.
Die Setliste setzte sich aus Songs aus seinem Debütalbum "Homotopia" zusammen, außerdem spielte er das neue, uns bereits bekannte Lied "Blissful Times" (vorgetragen allein mit Isabel) und die Coverversionen "Eisbär" und "My Old Man". Quasi dieselbe Setliste, die wir auch schon im Januar 2019 im Kölner Artheater gehört hatten, da allerdings mit Livepublikum, wie das damals noch gang und gäbe gewesen war... Für einige Songtitel dachte sich Vance-Law übrigens Lockdown-motivierte Alternativnamen aus.
Deutlich unterschiedlich war auch die Optik - damals mit Anzug und korrektem Haarschnitt, nun mit Jeans, T-Shirt und Monchichi-Frisur. Ob letztere den bis vor Kurzem geschlossenen Friseurläden geschuldet war, weiß ich natürlich nicht.
In jedem Fall ein schönes Konzert, das hoffentlich ausreichend Einnahmen für Künstler, Veranstalter und Seawatch generiert hat, und das Hoffnung macht, dass es bald auch neues Songmaterial des Künstlers zu hören gibt.
Setliste:
Let’s get married
Narcissus 2.0
Isle of Men
Stat. Rap.
Wanted to
Blissful Times
My Old Man (Mac DeMarco)
Gayby
Eisbär (Grauzone)
Pretty Boy
Faggot
I think we should take it fast
0 comments