Gelesen: Juni 2022

by - Juli 05, 2022


Regelmäßige Leser(innen) dieses Blogs wissen, dass ich meine Hörbücher normalerweise via Audible beziehe. Vor Kurzem las ich aber einen Blogbeitrag über Hörbücher auf Spotify - dort hatte ich in der Vergangenheit durchaus auch Bücher gehört, war aber letztlich von der Auswahl nicht überzeugt - und auf Englisch gibt es dort zumindest für deutsche Abonnenten gar nichts. Der Blogpost gab aber auch konkrete Buchempfehlungen, die mich neugierig machten, und nachdem ich aktuell mal wieder Spotify-Abonnentin bin, habe ich mit bei dem Streaminganbieter im Juni Barbara stirbt nicht von Alina Bronsky angehört - ein deutsches Buch, für das ich dann auch keine englische Hörbuchversion herbeisehne...

Die titelgebende Barbara ist die langjährige Ehefrau von Herrn Schmidt. Die beiden sind als Paar bereits im Rentenalter, die Kinder längst erwachsen und ausgezogen. Sie führen eine überaus traditionelle, um nicht zu sagen patriarchalische Ehe: Herr Schmidt hat früher das Geld für die Familie verdient, Barbara kümmerte sich allein um den Haushalt, die Kinder und alles andere. Auch im Alter ist das so geblieben... bis Barbara eines Tages nach einem Sturz im Bett bleibt und Herr Schmidt sich gezwungen sieht, Dinge zu erledigen, von denen er buchstäblich keine Ahnung hat - angefangen beim Kaffee kochen.

Die Geschichte wird komplett aus der Perspektive Herrn Schmidts erzählt, und während man aus Lesersicht am Anfang nicht anders kann, als diesen reaktionären Spießer-Macho ausgesprochen unsympathisch zu finden, lernt man im Laufe der Kapitel auch seine Hilflosigkeit kennen und ist letztlich beeindruckt von dem Ausmaß, in dem er sich als alter Herr nochmals neu erfindet.

Seine Horizonterweiterung bezieht sich dabei nicht allein auf Haushaltstätigkeiten, er verbessert langfristig auch das Verhältnis zu seinen entfremdeten Kindern und seinem Enkel und entwickelt allgemein einen etwas toleranteren Blick auf seine Umgebung.

Nicht alles an der Geschichte erschien mir realistisch - so dauert es lange Zeit, bis Barbara in echte ärztliche Behandlung kommt, und obwohl sie von Anfang an bettlägerig ist, erwähnt das Buch erst gegen Ende einen Pflegedienst - der sicher angesichts der geschilderten Situation von Anfang an nötig gewesen wäre. Auch ist Herr Schmidt so dermaßen unfreundlich zu seinen Mitmenschen, dass man sich durchaus fragen kann, warum diese teilweise so geduldig mit ihm sind.

Nichtsdestotrotz eine schöne und ungewöhnliche Geschichte, die trotz der traurigen Komponenten durchaus komische Momente hat und zudem Mut macht, dass Veränderungen zu jeder Zeit möglich sind.

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