Gelesen: Juni 2020

by - Juli 13, 2020



Erst vor ein paar Monaten haben mein Freund und ich die erste Staffel der Fernsehserie The Handmaid's Tale zu Ende angesehen, die auf dem gleichnamigen Roman von Margaret Atwood basiert und diesen recht werkgetreu umsetzt. Mittlerweile existieren drei Staffeln, eine vierte ist geplant, und natürlich fragte ich mich, worauf diese dann überhaupt basieren - der Roman wurde in der ersten bereits zu Ende erzählt.

Auch Margaret Atwood, die die Geschichte bereits 1985 veröffentlicht hatte, wurde vielleicht durch die Serie dazu veranlasst, sich den Stoff nochmals vorzunehmen, denn letztes Jahr veröffentlichte sie schlappe 34 Jahre nach dem Ursprungsroman eine Fortsetzung namens The Testaments. Während bereits The Handmaid's Tale "in der Zukunft" spielt, sind die Ereignisse in The Testaments noch einmal etwa 15 bis 20 Jahre später angesetzt, allerdings gibt es auch Rückblicke, die ganz an den Anfang des Staates "Gilead" (den ehemaligen USA) führen und somit vor dem ersten Roman spielen. Die Fernsehserie hat mit dieser Geschichte bislang nichts zu tun, da sie zeitlich noch nicht so weit fortgeschritten ist. Da zum Teil aber dieselben Charaktere darin erscheinen, hat Atwood sich mit den Serienmachern abgesprochen, so dass die Ereignisse der Serie und der Romanfortsetzung (die dann wiederum verfilmt werden soll) sich nicht widersprechen.

Während der Ursprungsroman seine Leser/-innen in das Leben in Gilead mit all seinen Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten am Beispiel der "Handmaid" Offred darstellt, wird The Testaments aus drei Perspektiven erzählt: Obwohl die meisten Frauen in Gilead nicht schreiben dürfen (und Mädchen das Lesen gar nicht erst beigebracht wird), werden drei Tagebuch-artige Texte miteinander verwoben: Die Lebensgeschichte der "Aunt Lydia" (sie kennt man bereits aus dem ersten Roman), die sich von einer geschiedenen Richterin in eine der Mit-Erschaffenden des totalitären Systems Gilead verwandelte, außerdem die der jungen Agnes Jemima, die sich ebenfalls für eine Laufbahn als "Tante" (eine Mischung aus Klosterschwester, Lehrerin und Gestapo) entscheidet, um so einer Zwangsehe zu entgehen und die von Daisy, die in Kanada lebt und den totalitären Staat Gilead zunächst nur von außen erlebt.

The Testaments erzählt viele Aspekte Gileads, die den Leser/-innen neu sind, etwa, dass der Staat auszubildende "Tanten" zunächst zum Missionieren in Nachbarländer schickt oder auch überhaupt wie der Tanten-Orden funktioniert.

Mit gefiel der Roman, der 2019 der Booker Price gewonnen hat, sehr gut. Dass er ein wenig optimistischer angelegt ist als sein Vorgänger, macht ihn viel leichter zu ertragen, und die verflochtenen Geschichten entwickeln viel Spannung.

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