Gelesen: März 2023

by - April 13, 2023


Im März hörte ich die Hörbuchversion von My Dark Vanessa von Kate Elizabeth Russell. Auf zwei Zeitebenen erzählt der Roman über das Verhältnis (das Wort ist hier durchaus wörtlich zu nehmen) zwischen der zunächst 15jährigen Internatsschülerin Vanessa zu ihrem 42jährigen Lehrer Jacob Strane (den sie nur "Strane" nennt). Die eine Ebene erzählt die Geschichte zwischen den beiden, die zunächst endet, als Vanessa die Schule verlässt. Die zweite spielt 17 Jahre später, als Strane und die Schule im Zuge der "Me Too"-Bewegung von mehreren anderen ehemaligen Schülerinnen öffentlich angeklagt werden.

Der Roman ist ein Bestseller, und viele Rezensenten schreiben, sie hätten ihn kaum weglegen können. Mit ging es ehrlich gesagt umgekehrt: Gerade die "Liebesgeschichte" auf der früheren Zeitebene fand ich durchwegs schwer zu ertragen, zumal diese durchaus absichtlich allein aus Sicht der naiven Vanessa erzählt wird, den Lesern aber gleichzeitig auch transparent macht, wie manipulativ Strane sich in Wirklichkeit von Anfang an verhält.

Die spätere, 32jährige Vanessa ist niemals über Strane hinweg gekommen und hält auch weiterhin Kontakt zu ihm. Gleichzeitig scheitern ihre späteren Beziehungen, sie hat große Schwierigkeiten, den normalen Alltag zu bewältigen und auch Suchtprobleme. Auch das liest sich tendenziell schwierig, hinzu kommt, dass sie sich anderen gegenüber, aber auch in ihrem eigenen inneren Monolog, öfter widersprüchlich zur Vergangenheit und ihrem eigenen Standpunkt äußert.

All das macht My Dark Vanessa grundsätzlich zu einem guten und auch sehr reflektierten Buch. Es lässt keinen Zweifel daran, dass die Affäre aus Sicht des Lehrers falsch war und Vanessa - und auch andere Schülerinnen - fürs Leben gezeichnet hat, ohne, dass die Schule in ausreichendem Maß eingeschritten wäre. Gleichzeitig gibt es keine einfachen Antworten aus der Sicht der Protagonistin, die diese "Liebesgeschichte" ja selbst durchaus wollte und sich deshalb auch viele Jahre später schwer tut, sie als Missbrauch zu begreifen.

Gerne angehört habe ich den Roman also nicht und bin froh, dass ich ihn hinter mir habe - ich muss aber zugeben, dass er auf seine Art wichtig und interessant ist.

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