"Heroes" im sozialen Wohnungsbau: Misfits

by - Juli 17, 2013

Eine der Seltsamkeiten, die unsere Zeit kennzeichnen, ist, dass das alltägliche Fernsehprogramm zwar immer schlechter wird, gleichzeitig aber für dieses Medium selten so viele phantastische Serien produziert wurden wie jetzt. Mad Men, Dexter, Downton Abbey, Game of Thrones, Sherlock, selbst Sitcoms wie New Girl oder The Big Bang Theory - alles über Jahre hinweg sehenswert. Und weil das eben so ist und hier noch so manche ungesehene Serienstaffel darauf wartet, endlich mal in den DVD-Player geschoben zu werden, kam ich erst jetzt dazu, eine weitere Serie mit hervorragender Reputation zu begutachten: Misfits.


Sechs jugendliche Straftäter werden zu Sozialstunden verurteilt, landen in einem seltsamen Unwetter, werden vom Blitz getroffen und entwickeln daraufhin ungewöhnliche Fähigkeiten: Kelly kann Gedanken lesen, Curtis die Zeit zurückdrehen, Simon kann sich unsichtbar machen, mit Alisha will jeder, der ihre Haut berührt, sofort Sex haben, Nathans Superkraft bleibt lange unbekannt und der sechste stirbt so bald, dass sein Talent unwichtig ist.

Auch andere haben sich durch das Unwetter auf seltsame Weise verändert, und so müssen die fünf Überlebenden zunächst gemeinsam ihren zum Psychokiller mutierten Sozialarbeiter umbringen und verschwinden lassen - das schweißt natürlich zusammen. Denn eigentlich haben die jungen Menschen nicht sonderlich viel miteinander gemeinsam: Nathan kommt eigentlich aus geordneten Verhältnissen, kommt aber mit dem neuen Partner seiner Mutter nicht zurecht, was ihn obdachlos macht. Kelly dagegen stammt aus der Unterschicht, ist dabei aber ziemlich bodenständig. Curtis ist ein fast berühmter Sportler, der durch einen dummen Fehler seine Karriere ruiniert hat, während Simon oberflächlich betrachtet vielleicht das beste Elternhaus hat, aber von seinem gesamten Umfeld völlig vernachlässigt wird.


Gerade bei Simon liegt die Vermutung nahe, dass die erworbene "Superkraft" etwas mit der ursprünglichen Persönlichkeit und Lebenssituation zu tun hat, und in gewisser Hinsicht scheint das beim Rest der Gruppe ebenfalls so zu sein: Curtis kann die Zeit nur zurückdrehen, wenn ihm etwas extrem leid tut, und das kennzeichnet ja auch sein sonstiges Leben. Alisha wollte ohnehin, dass jeder sie attraktiv und begehrenswert findet, was sich mit ihrer "Kraft" erfüllt. Bei Kelly und Nathan ist weniger offensichtlich, warum sie ausgerechnet ihre Kräfte erhalten haben.

Anders als in vergleichbaren Filmen und Serien, etwa Heroes, können die Helden von Misfits mit ihren Kräften bemerkenswert wenig anfangen. Keiner von ihnen ist zunächst in der Lage, sein Talent willentlich zu steuern, und so kann Simon sich nicht auf Kommando unsichtbar machen, Curtis ist nicht in der Lage, seinen Fehler auszumerzen und Kelly bekommt offenbar auch nicht jeden Gedanken mit. Am schlimmsten hat es Alisha erwischt, denn ihre "Superkraft" macht sie mehr als einmal zum Beinahe-Vergewaltigungsopfer, während echter, nicht von ihrer Kraft gesteuerter Sex mit ihrem Freund unmöglich wird.

Bislang (ich kenne erst die erste Staffel) hatten die "Superhelden" auch so viel mit ihren eigenen Problemen zu tun, dasss nicht einmal daran zu denken war, die neuen Fähigkeiten für einen guten Zweck oder gar die Rettung der Menschheit einzusetzen. Die Misfits haben genug mit ihrem eigenen Kram zu tun und halten sich somit so gar nicht an die Gepflogenheiten des Superheldengenres. 


Hinzu kommt die Originalität von Handlung und Dialogen - manches lässt sich vorausahnen, aber vieles eben auch überhaupt nicht. War am Anfang keine der Figuren sonderlich sympathisch, beginnt man als Zuschauer bald, irgendwie an ihnen zu hängen - aber ohne, dass die Charaktere deshalb unrealistisch verklärt würden. Und bezüglich der Dialoge herrscht eine ziemliche Bissigkeit vor, die häufig seltsam unterhaltsam ist:

Nathan: (to the guys) Oh, get the bodies! (throws a brick on Sally's windshield)
Sally: What the hell are you doing?!
Nathan: It's just pure, mindless vandalism!
Sally: What is the matter with you? Are you mentally deficient?!
Nathan: If I was mentally deficient, I would have missed. Check that out. Bull's-eye!

Bislang kenne ich wie gesagt nur die erste Staffel und weiß, dass nach der zweiten Robert Sheehan (Nathan) ausgestiegen ist - mittlerweile spielt glaube ich keiner der ursprünglichen Hauptdarsteller noch mit, und nach der nächsten, fünften Staffel soll endgültig Schluss mit den Misfits sein.

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