Neulich neben dem Westerwaldsteig

by - September 25, 2018


Neben dem Wunsch nach neuen Wanderschuhen treibt mich nach Wanderurlauben immer der Gedanke um, dass ich im Alltag direkt in einem Wandergebiet wohne - und dieses nicht nutze. Gut, meistens bin ich in Frankfurt oder auf dem Hin- oder Rückweg, aber es gibt ja auch Wochenenden.

Der Westerwald ist vielleicht kein so spannendes deutsches Feriengebiet wie das Voralpenland, auch die Mobileisenbahnlandschaft des Rheins hat er nicht zu bieten (diese wäre allerdings nicht einmal weit entfernt). Aber hier gibt es die Fernwanderwege Westerwaldsteig und den Limeswanderweg Westerwald, sowie diverse weitere Fernwanderwege. Der 1888 gegründete Westerwald-Verein betreibt darüber hinaus zahlreiche weitere Wanderrouten, darunter elf durchnumerierte Hauptwege, hinzu kommen örtliche Rundwanderwege, Themenwanderungen... es gäbe hier einiges zu erwandern.


Dennoch, bislang blieb es für mich beim Plan, irgendwann einmal hier wandern zu gehen - was nicht zuletzt daran lag, dass die meisten Wanderungen nicht direkt in Montabaur starten. Nun gibt es hier selbstverständlich Busse, nur fahren diese nicht gerade oft und auch nicht überall hin. Da mein Freund sich wohl lieber einer Wurzelbehandlung unterziehen würde als zu wandern, müsste ich mich zudem allein auf den Weg machen. Und wie gehen andere Leute eigentlich Etappen aus Fernwanderwegen an, bei denen sich Start und Ziel naturgemäß unterscheiden? Fährt man vom Ziel mit dem Taxi zurück an den Ausgangspunkt?

Als ich an einem Septemberwochenende einmal mehr über Wandermöglichkeiten sinnierte, bot mein Freund an, mich am nächsten Tag nach Hachenburg zu fahren. Dort könnte ich eine Etappe des Westerwaldsteigs wandern, und er würde mich dann an deren Ziel in Limbach (von dem wir beide noch nie gehört hatten) abholen.


Gesagt, getan. Da der Westerwaldsteig erst seit etwa zehn Jahren besteht, ging ich davon aus, dass es kein Problem darstellen würde, den richtigen Weg allein mit Hilfe der Wegmarken zu finden. In einer Blog-Beschreibung "meiner" Etappe 9 hatte ich gelesen, dass der Autor beim Landschaftsmuseum in Hachenburg losgelaufen war, also bechloss ich ebenfalls, dort zu starten. Eine Wanderkarte oder einen GPS-Download der zu laufenden Strecke hatte ich mir nicht besorgt, nur für alle Fälle eine einigermaßen dürftige Wegbeschreibung.


Das Landschaftmuseum entpuppte sich als putzige Ansammlung kleiner Fachwerkhäuser, aber ich besuchte es nicht, sondern wollte lieber gleich los. Die Wegmarke des Westerwaldsteigs entdeckte ich sofort, und sie führte mich durch einen kleinen Stadtpark in Hachenburgs durchaus sehenswerte Altstadt. Nur war mir nicht recht klar, wie der Weg nun weiter gehen sollte - bis ich wieder Wegmarken entdeckte und mich kurze Zeit später erneut beim Landschaftsmuseum wieder fand.


Problemlos folgte ich nun dem Weg durch Hachenburgs äußerste Straßen, Felder und einen Wald, bis ich einen Wegweiser erreichte, dem ich entnahm, dass ich Richtung Bad Marienberg lief. Mist, das war die falsche Richtung, ich lief Etappe 8 rückwärts! Statt mich damit abzufinden, drehte ich fluchend um, erreichte und durchquerte ein weiteres Mal Hachenburg, folgte anderen Wegmarken und schien wiederum zu dem mir mittlerweile doch recht unsympathischen Landschaftsmuseum dirigiert zu werden.


Genervt beschloss ich, die Wegmarken erst einmal beiseite zu lassen und stattdessen einem Wegweiser zu folgen, der die Richtung zum Kloster Marienstatt auswies - meinem Zwischenziel. Ich dachte mir, dass ich ja spätestens am Kloster die Wegmarken wiedersehen würde und ihnen dann folgen würde können.


Das funktionierte auch recht gut - mittlerweile etwas verunsichert, vergewisserte ich mich auch immer wieder via Google Maps, ob ich in die richtige Richtung unterwegs war. Endlich ließ ich Hachenburg erfolgreich hinter mir, lief wieder über Felder und gelangte zu einem weiteren Wegweiser, an dem ich mich entschied, Richtung Nistermühle zu gehen - auch an dieser führt nämlich laut meiner Wegbeschreibung der Westerwaldsteig vorbei.


Andere Wanderer sah ich übrigens nicht, überlaufen scheint mir dieser Bereich des Westerwalds nicht gerade zu sein. Das änderte sich auch dann nicht, als ich zwar nicht die Nistermühle erreichte, aber zumindest die vertraute Wegmarke des Westerwaldsteigs kurz vor dem Kloster wiederfand und ihr nun ohne Zweifel an der richtigen Richtung folgen konnte. Dass hier manchmal vielleicht etwas mehr los ist (als überhaupt nichts) konnte ich allenfalls Schildern an einigen von mir passierten Grundstücken entnehmen, auf denen man lesen konnte, dass es sich um Privateigentum handelte und dass die zugehörigen Pferdekoppeln nicht betreten werden durften.


Nach einigen weiteren Kilometern erreichte ich nun das 1212 gegründete Kloster Marienstatt. Nach der absoluten Ruhe des bisherigen Weges war es schon fast ein Schock, dass hier so viel los war - wobei die meisten Besucher wohl nicht Wallfahrer waren, sondern in dem gut gefüllten Brauhaus zu Mittag aßen. Ich schlenderte ein bisschen durch den Klostergarten, aß auf einer Bank meinen mitgebrachten Müsliriegel und ging nach einem kurzen Rundgang weiter - ich hatte bei meinen Irrwegen rund um Hachenburg schließlich viel Zeit verloren.


Am Kloster vorbei ging ich nun durch einen Wald, in dem man sich auf Schildern über diverse Naturphänomene und auch einige besonders alte Bäume informieren konnte. Während um das Kloster herum noch andere unterwegs waren, lief ich schon bald wieder völlig allein und perfekt geführt von den Wegmarken bis nach Streithausen - wo ich mich wieder verfranst haben muss, denn plötzlich lief ich entlang der Landstraße auf das Etappenziel Limbach zu, während die Beschreibung behauptet hatte, ich würde entlang der kleinen Nister wandern, was um einiges attraktiver klang. Immerhin konnte ich relativ bald über eine Leitplanke zu einem Weg klettern und lief so zumindest nicht direkt am Straßenrand.


Und die Moral von der Geschicht'? Statt der für die Etappe veranschlagten 10 Kilometer lief ich laut meinem Telefon an diesem Tag eher 16. Die durchlaufene Landschaft war nicht ganz so spannend, als wanderte man über irische Schafweiden oder an Kliffs entlang, nichtsdestotrotz war ich in schöner Natur unterwegs und genoss die stellenweise absolute Stille. Und wenn ich demnächst weitere Wanderversuche starte, lade ich mir vorab definitiv eine GPX-Datei mit der Strecke aufs Handy.

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