Aufmerksame Leser dieses Blogs denken sich nun eventuell "Moment, Schell hat sie doch bereits ganz zu Beginn der Schokoladentests probiert" - und lägen damit richtig, 2019 war das. Noch aufmerksamere Leser haben vielleicht sogar bemerkt, dass ich im Jahresrückblick 2023 unter "Premieren" zwar erwähnte, dass mir das Unternehmen, das seine Schokoladen seitdem verändert hat, freundlicherweise ein Probepaket geschickt hatte - ohne, dass ich jemals darüber berichtet hätte.
Das ist mir mittlerweile auch ziemlich peinlich: Grundsätzlich hänge ich mit meinen Schokoladentests recht ordentlich hinterher, und dieses Jahr habe ich ganze dreimal durch Erkältungen und einmal auch COVID meinen Geruchs- und Geschmackssinn verloren, zum Glück nicht dauerhaft. Hinzu kamen einige heiße Wochen im Sommer, während denen ich gar nichts probierte, Reisen und so weiter. Und nun sitze ich hier am ersten Advent und habe immer noch kein Update zum damaligen Bericht veröffentlicht! Das ändert sich jetzt sofort.
Zum Produkt
Ich hatte das Familienunternehmen der dritten Generation bereits 2019 vorgestellt. Vieles ist noch genauso, man produziert Schokoladen und Konfekt - und betreibt quasi nebenbei auch ein Hotel. Das Thema "Schokolade mit Wein kombinieren" ist nach wie vor ebenfalls relevant, und man findet weiterhin auf den Tafeln Kombinationsvorschläge. Einige Schokoladen sind preisgekrönt.
Was ist aber nun anders? Schell ist mittlerweile ein Bean-To-Bar-Hersteller geworden, hat auch einige Bio-Produkte im Sortiment (darunter einen Teil der Bean-to-Bar-Tafeln) - und die Schokoladentafeln haben auch ein optisches Makeover erhalten.
Originalität
Das Sortiment der Tafelschokoladen im Onlineshop ist mittlerweile von 38 auf 49 verschiedene Sorten angewachsen, die beiden von mir 2019 probierten Sorten "Barrique" und Whisky kann man aber nach wie vor kaufen, es gibt aber auch saisonale Produkte, etwa eine "Frühlingsschokolade" mit Veilchenblüten und Erdbeeren. In meinem Testpaket befand sich auch ein Tütchen "Bio-Drachensplitter", ein Konfekt aus Mandeln, dunkler Schokolade, Sesam und Gojibeeren mit Ingwer und Chili - die Pralinen sollen gleichermaßen Abwehrkräfte, Nerven und den Stoffwechsel stärken.
Die Verpackungen sind nüchtern geblieben, wirken aber professioneller als 2019. Damals waren die einheitlichen braunen Pappschuber mit Etiketten beklebt, denen man Sorte und Zutaten entnehmen konnte - nun gibt es bedruckte schwarze Verpackungen, die zudem alle ein individuelles Bild tragen. Auf der Rückseite findet man eine genaue Beschreibung der zu erwartenden Geschmackskomponenten - und im Inneren des Schubers ein buntes Bild, das die Sorte visualisiert.
Ausgesprochen originell ist außerdem, das im Onlineshop auch Mulch angeboten wird, der aus Kakaoschalen besteht. 8/10
Nachhaltigkeit
In diesem Bereich hat sich wie erwähnt einiges verändert bei Schell. Wie schon länger geplant, ist man dazu übergegangen, die Ursprungs-Schokoladen von der Bohne weg zu produzieren, hat so maximalen Einfluss auf das Aroma und kann außerdem mehr Einfluss auf die Lieferketten nehmen. Mehrere Produkte sind zudem bio-zertifiziert. Mit dem Verkaufserlös der Schokoladen wird zudem ein Umweltprojekt in Kalimantan unterstützt, es gibt aber noch weitere Initiativen - mit dem Kauf der erwähnten Bio-Drachensplitter etwa unterstützt man auch die Nachsorgeklinik Tannheim. Hinsichtlich der Verpackungen bemüht man sich ebenfalls, die Umwelt zu entlasten, und verwendet für die Pappschuber ebenfalls Kakaofasern.
Auf den einzelnen Tafeln findet man nähere Informationen zur Herkunft des verwendeten Kakaos. 5/5
Zutatenqualität
Im Bereich Zutaten ist alles beim Alten geblieben, hier hatte ich auch nie etwas zu meckern. Die "puren" Schokoladen enthalten ausschließlich Kakao, Kakaobutter und Zucker - ich bin mir unsicher, ob hier früher ein Emulgator zum Einsatz kam, nun ist das in jedem Fall nicht so. Anders sieht das bei Tafeln mit weiteren Zutaten aus, die "Umami Papua" mit Salz, Orangen und Zitronenschale und Fruchtölen enthält zusätzlich Sojalecithin, ebenso auch die Tafeln mit Alkohol. 10/10
Preis/Leistung
Die Preise sind ein wenig nach oben gegangen seit 2019 - was nicht verwundert, denn Kakao an sich ist in den letzten Jahren leider sehr viel teurer geworden. Die auch vor fünf Jahren probierte "Barrique" kostet nun 5,70 Euro und wiegt nach wie vor 50 Gramm. 2/5
Geschmack
Tja, wo anfangen bei insgesamt neun Tafeln, davon vier aus der Bean-to-Bar-Reihe, drei mit weiteren Zutaten und zwei sogenannte Pralinenschokoladen mit alkoholischer Füllung? Ich kann hier zumindest beispielhaft einige Sorten vorstellen:
Ocumare (Venezuela, 71%) - eine von vielen Herkunftsschokoladen aus dem Sortiment, in diesem Fall aus Venezuela. Die beigefügten Tasting Notes erwähnen Kaffee- und Süßholzaromen. Kaffee schmecke ich selbst nicht, eher ein wenig Tabak, und in jedem Fall eine sehr leckere dunkle Schokolade mit angenehmem Schmelz. 11/15
Kalimanian (Indonesien 71%) - gleicher Kakaoanteil, aber von der anderen Seite der Welt! Die Verpackung verspricht eine Fruchtaromatik nach Maracuja, reifer Banane und Mango. Ganz so empfindsam sind meine Geschmacksknospen offenbar nicht, aber bei Fruchtanklängen ziehe ich mit. 11/15
Umami Papua (Milchschokolade 38% mit Zitrusfrüchten) - eine aromatisierte Schokolade mit Orangen- und Zitronenschokolade und Meersalz. Salz hätte ich in einer solchen Schokolade nicht unbedingt erwartet, es fügt sich aber sehr harmonisch in den recht zitronigen Geschmack ein. 10/15
Dry Gin (Dunkle Schokolade 70% mit einer Ganache-Füllung und 6% Gin. Schon 2019 war mir die Sorte "Single Malt Whisky" besonders positiv aufgefallen - tatsächlich eine Schokolade als riesige Praline! Auch die Dry Gin finde ich sehr gelungen, mit deutlich wahrnehmender Alkoholnote. 13/15
Gesamturteil
In den allgemeinen Kategorien konnte Schell sich gegenüber meinem Test von 2019 um beachtliche 10 Punkte auf 26 (von 30) verbessern - das liegt vor allem am Umstieg auf Bean to Bar und der größeren Transparenz hinsichtlich der Lieferkette, ein wenig am verbesserten Verpackungsdesign und zugegebenermaßen auch ein kleines bisschen daran, dass ich nicht mehr so recht nachvollziehen kann, warum ich damals hinsichtlich der Zutatenqualität nur 8 Punkte gegeben habe - hier würde ich aus heutiger Sicht in jedem Fall 10 Punkte geben.
Inklusive Geschmack kommen die Sorten Ocumare und Kalimanian somit auf 37, Umamo Papua auf 36 und die Dry Gin auf stolze 39 Punkte - von maximal 45.
Ãœbrigens: Hier gibt es die Ergebnisse aller bisherigen Schokoladentests als Gesamtranking!
Hinweis: Die getesteten Schokoladen wurden mir kostenlos und ohne Bedingungen zur Verfügung gestellt.